Wohnen in der Jurte: Lebe lieber ungewöhnlich
Von der Kunst, es anders zu machen, und vom Kunststück, damit auch Erfolg zu haben. Die Inspirationen reichen von der Mongolei bis zu früheren Wohnformen.
Hans-Georg Unterrainer, gelernter Architekt und Bauingenieur, nahm sein Geschäftsmodell von einer Reise durch die Mongolei mit nach Hause, 2005 war das. In Asien wohnte er in Jurten und stellte fest, dass runde Räume eine bessere Wohnqualität schaffen. Dass das so ist, liege am Goldenen Schnitt, erklärt Unterrainer, dem richtigen Verhältnis der Geometrien zueinander. Das treffe auf den sakralen Bau genauso zu wie auf die Jurte – und auf den Menschen: “Schauen Sie sich die Mona Lisa an, deren Gesicht findet sich auch im Goldenen Schnitt.”
Das gesamte Universum, so auch wir Menschen, sei durchzogen von einer gewissen Gesetzmäßigkeit, die sich immer wiederholt, sagt Hans-Georg Unterrainer. Und das schafft Sicherheit und Wohlbefinden. Im Gepäck zurück in den Lungau hatte er jedenfalls eine Jurte, die, so stellte er fest, auch in der kalten Bergregion Österreichs funktionierte. Noch immer fasziniert von der Wohnform, baute er sich in seinen Garten die erste Holzjurte. Hier stieß er jedoch auf eine Hürde: Rund bauen gehe nicht, sagten die Zimmerer der Region. Unterrainer wollte es wissen und ergänzte seinen Lebenslauf noch um eine Zimmererausbildung.
Mongolei trifft Tamsweg: Holzjurten aus dem Lungau
Mittlerweile hat er den Jurtenbau perfektioniert. Mit seinem Unternehmen Rast und Ruh setzt er pro Jahr drei bis vier Projekte um. Seine Kunden sind in ganz Europa, bis nach Zypern oder Teneriffa liefert er die Holzelemente, die für ihn von der Holzindustrie gefertigt werden. Die Elemente zu entwickeln habe viel Zeit, Know-how und Tüfteln benötigt, erzählt der Unternehmer, “denn in der Bauindustrie wird eckig gedacht”.

Was nicht eckig ist, sei teurer, sei komplizierter im Transport und so weiter, wurde zumindest oft argumentiert. Aus den eckigen Holzplatten der Holzindustrie werden Teile in Tortenstückform geschnitten, die schließlich eine runde Form ergeben. Von der Planeinreichung bis zur Fertigstellung vergehen in der Regel sechs bis acht Wochen; die Planung übernimmt Unterrainer mit seinem Team, oft wird auch mit Partnerarchitekten im Bereich Holzbau zusammengearbeitet. Geplant wird in 3D, die Holzelemente haben schon bei Anlieferung alle Ausfräsungen für Installationen.
Die oft gehörte Aussage “Das ist ja nur ein Zelt” konnte Unterrainer mittlerweile entkräften: “Wir bauen hochwertig, mit dementsprechenden Materialien. Was wir machen, ist auf eine Halbwertszeit von Hunderten von Jahren ausgelegt, nicht 30, wie die Baubranche es ansetzt.” Seine Mitarbeitenden haben daneben noch andere Jobs, im Winter steht die Produktion.
Seine Privatkunden sind vor allem Familien, die sich für Wohnanlagen entscheiden, dabei sind mehrere Jurten mit Gängen verbunden. Die Meisterjurte besteht aus nur einem Raum; Bad und WC sind freilich separat, die Schlafzimmer befinden sich in Nischen. Viele seiner Jurten werden zu Seminarräumen, zu Vereinshäusern, Hotels lassen sie für ihre Spa-Anlagen und Yogabereiche errichten. Es ist auch möglich, Jurten zwei- bis dreistöckig zu bauen oder als Erdhäuser einzugraben.
Die Lungauer Bevölkerung belächelte Hans-Georg Unterrainer anfangs. Erst als ein Fernsehteam kam und “ihr Jurtenbauer” im TV zu sehen war, änderte sich die Einstellung. Aus der esoterischen Ecke, in die ihn viele stellten, konnte er sich mit wissenschaftlichen Erkenntnissen herausargumentieren. Genauso mit Naturgesetzen, nach denen schon seit Jahrhunderten gebaut werde. “Wir sind keine Baufirma im ursprünglichen Sinn”, sagt Unterrainer und schmunzelt. “Allein schon, wenn die langhaarigen Monteure kommen, die kein Fleisch essen.”